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Verknüpfungen über Valenz und Satzbaumuster

Grundsätzliches

Texte bestehen aus Sätzen. Natürlich gibt es weitere Gliederungseinheiten oberhalb von Sätzen. So kann man einen grösseren Text zum Beispiel in Kapitel und Abschnitte gliedern. Die Sätze sind jedoch die kleinsten Gliederungseinheiten für Texte. Ein Satz lässt sich in geschriebenen Texten an den Satzschlusszeichen erkennen. Sätze können sehr umfangreich oder auch ganz klein sein. Man unterscheidet ausgebaute Sätze von satzwertigen Ausdrücken. Ein ausgebauter Satz enthält eine finite Verbform (konjugiertes Verb) und alle notwendigen Glieder; das heisst, ein ausgebauter Satz ist ein vollständiger Satz. Bei einem satzwertigen Ausdruck fehlt ein notwendiges Element oder das finite Verb.

Wir konzentrieren uns auf den ausgebauten Satz. Den Aufbau des ausgebauten Satzes versteht man am besten, wenn man von seinem Verb ausgeht, denn dieses ist der Kern des Satzes. Ein Verb eröffnet im Satz bestimmte Leerstellen für die Angabe von Personen, Dingen oder Umständen, die im Satz eine Rolle spielen. Man spricht dann von der Valenz eines Verbes. Verben bilden den Kern einer Aussage eines Satzes. Man nennt diesen Kern der Aussage eines Satzes auch Prädikat. Das Prädikat eines Satzes kann aus einem Verb bestehen, oft kommen aber andere Verbformen dazu; man bezeichnet die Bestandteile des Prädikats als verbale Teile oder Prädikatsteile. Neben dem Prädikat (den verbalen Teilen) gibt es weitere Bestandteile des Satzes, die mehr oder weniger eng vom Prädikat abhängig sind. Man nennt sie Satzglieder.

Valenz - das Verb schafft Zusammenhänge

(Vgl. dazu: canoo.net)

Wie gesagt: Verben sind der Kern eines Satzes. Valenz meint bezogen auf das Verb, dass es um sich herum Stellen eröffnen kann. Diese Stellen sind in einem Satz mit Satzglieder zu füllen. Vom Verb hängt ab, wie viele dieser Stellen besetzt sein müssen oder besetzt sein können; anders gesagt: Das Verb bestimmt, welche Ergänzungen möglich sind. So eröffnet das Verb "schenken" drei Stellen um sich: eine Stelle für den, der schenkt, eine Stelle für den, der beschenkt wird, und eine Stelle für das Geschenk:
Ich schenke dir einen neuen Hut. (Vgl. dazu auch das digitale Valenzwörterbuch.)


Dies zeigt: Ein Verb schafft in einem Satz Zusammenhänge, es entstehen über die Valenz des Verbes Vernüpfungen im Satz und damit auch im Text.


Im Zusammenhang mit der Valenz von Verben unterscheidet man verschiedene Eränzungen oder auch Satzglieder:

  • Obligatorische Ergänzungen/Satzglieder oder auch Mitspieler: Das sind Ergänzungen/Satzglieder/Mitspieler, die notwendigerweise vorkommen müssen.
  • Fakultative Ergänzungen/Satzglieder oder auch Mitspieler: Das sind Ergänzungen/Satzglieder/Mitspieler, die vom Verb her vorgesehen sind, aber nicht vorkommen müssen, sondern vorkommen können. Das zeigt sich am Verb "schreiben". Dieses Verb verlangt auf jeden Fall jemanden, der schreibt:
    Ich schreibe.
    Es kann aber auch durch den Empfänger ergänzt werden:
    Ich schreibe dir.
    Zusätzlich kann das Verb ergänzt werden durch das Objekt, das geschrieben wird:
    Ich schreibe dir einen Brief.
    "schreiben" hat demzufolge eine obligatorische Ergänzung und zwei fakultative Ergänzungen.
  • Freie Satzglieder/Mitspieler: Neben den Ergänzungen, die obligatorisch oder fakultativ sind, gibt es noch freie Satzglieder oder Mitspieler, die nicht an das Prädikat gebunden sind. Sie können in der Umgebung von ganz verschiedenen Verben vorkommen. Diese freien Satzglieder machen vor allem Angaben zum Ort, zur Zeit, zur Art und Weise und auch zum Grund einer Handlung oder Situation. Üblicherweiser nennt man diese Angaben Umstandsangaben (und von ihrer Funktion her Adverbialien; vgl. dazu >> und >>).
    So können die obigen Sätze erweitert werden:
    Ich schenke dir zum Geburtstag einen neuen Hut. ("zum Geburtstag" ist eine Angabe des Zweckes/Grundes)
    Ich schreibe dir heute einen Brief. ("heute" ist eine Angabe der Zeit)

Valenz bedeutet allgemein, dass Ausdrücke die Eigenschaft haben, Leerstellen zu eröffnen, die mit anderen sprachlichen Ausdrücken gefüllt werden, damit ein semantisch vollständiger und grammatisch korrekter Ausdruck gebildet werden kann. Neben den Verben haben auch andere Wortarten die Fähigkeit, solche Leerstellen zu eröffnen und andere Wörter an sich zu binden, so etwa Nomen, Adjektive oder Präpositionen. Man spricht dann von Nomen-Valenz ("Hass auf jemanden"), Adjektiv-Valenz ("einer Sache gewiss [sein]") oder Valenz der Präpositionen ("an der frisch gestrichenen Tür").

(Vgl. dazu: Duden Grammatik der deutschen Gegenwartssprache (1998). Duden Band 4. 6., neu bearb. Aufl. Hrsg. von der Dudenredaktion. Bearbeitet von Peter Eisenberg, Hermann Gelhaus, Helmut Henne, Horst Sitta und Hans Wellmann. Mannheim u. a.: Dudenverlag. S. 676-678.)

Satzbaumuster - Vorfeld - Mittelfeld - Nachfeld

Die Vielfalt der deutschen Sätze ist gross. Sie lassen sich jedoch auf ein Grundmuster zurückführen. Im Kern dieses Grundmusters ist die sogenannte Satzklammer oder Verbalklammer, die durch das Prädikat bestimmt wird. Die verbalen Teile (des Prädikats) bilden eine Klammer, in die Wortgruppen gestellt werden können. Ebenso können vor die Klammer und nach die Klammer Wortgruppen gestellt werden. Aus diesem Grundmuster lassen sich verschiedene Satzbaupläne ableiten.


Eine solche Satz-/Verbalklammer stellt Zusammenhang im Satz her. Weinrich (2007, S. 30) schreibt dazu: "Das klammeröffnende Element ist für den Hörer [Leser] ein Signal, in seinem Kontextgedächtnis für eine kürzere oder längere Folge von Sprachzeichen einen Speicher zu öffnen. Mit dem klammerschliessenden Element erhält der Hörer [Leser] nach kurzer Verweildauer der Gedächtnisinhalte das Gegensignal, den betreffenden Speicher wieder zu schliessen".




Ein Prädikat ist unterschiedlich komplex (vgl. oben). Es kann nur aus einem (konjugierten) Verb bestehen. Dann ist die Satzklammer nicht eine geschlossene Klammer, sondern eine offene:

  • Du trinkst Kaffee.

Ist das Prädikat komplex, so ergibt sich eine geschlossene Klammer:

  • Du hast Kaffee getrunken.

Deutsche Sätze zeichnen sich dadurch aus, dass die Stellen um die Satzklammer und innerhalb der Satzklammer unterschiedlich besetzt werden können. Das Grundmuster für deutsche Sätze ist folgendes: Es gibt ein Vorfeld, die linke Satzklammer, ein Mittelfeld und die rechte Satzklammer. In gewissen Fällen kann auch rechts neben der rechten Satzklammer noch eine Wortgruppe stehen, das Nachfeld; man spricht dann vonAusklammerung. Die Satzglieder lassen sich in den verschiedenen Feldern positionieren.

  • Vorfeld linke Satzklammer Mittelfeld rechte Satzklammer Nachfeld.
    Du hast Kaffee getrunken heute Morgen.


Je nach Satzform steht im Vorfeld genau ein Satzglied oder keins:

  • Meine Freundin hat heute Morgen Kaffee getrunken.
  • Hat meine Freundin heute Morgen Kaffee getrunken?

In der linken Satzklammer steht genau eine Wortform oder keine:

  • Meine Freundin hat heute Morgen Kaffee getrunken.
  • Weil meine Freundin Kaffee getrunken hat, habe ich auch eine Tasse genommen.

Im Mittelfeld können null bis beliebig viele Satzglieder stehen; die Anzahl wird durch die Verständlichkeit begrenzt:

  • Meine Freundin hat zusammen mit ihrer Nachbarin heute Morgen im Restaurant Kaffee getrunken.

In der rechten Satzklammer steht entweder keine oder eine Verbform oder es stehen mehrere Verbformen:

  • Meine Freundin trinkt heute Morgen eine Tasse Kaffee. (keine Verbform in der rechten Klammer)
  • Eine Tasse Kaffee wird morgen von meiner Freundin getrunken worden sein. (mehrere Verbformen in der rechten Klammer)


Man unterscheidet aufgrund der Stellung des finiten (= konjugierten) Verbs drei Satzformen:

  • Verbzweitsätze: In Verbzweitsätzen steht das finite (konjugierte) Verb an zweiter Stelle. An erster Stelle steht ein Satzglied (das aus mehreren Wörtern bestehen kann!):
    Sie trinkt Kaffee. Meine rüstige Grossmutter trinkt Kaffee. (1. Stelle = ein Satzglied -> "sie" im ersten Satz und "meine rüstige Grossmutter" im zweiten Satz)
  • Verberstsätze: In Verberstsätzen steht das finite (konjugierte) Verb an erster Stelle.
    Geh nach Hause. Trinkt meine rüstige Grossmutter Kaffee?
  • Verbletztsätze: In Verbletztsätzen steht das finite (konjugierte) Verb an letzter Stelle. In der Regel sind das Nebensätze:
    Weil sie Kaffee getrunken hat, hat sie jetzt Kopfweh. (Der Nebensatz wird durch eine unterordnende Konjunktion eingeleitet; diese Konjunktion ist kein Satzglied, sondern das Verbindewort zwischen Hauptsatz und Nebensatz. Auch beiordnende Konjunktionen haben diese Aufgabe und können deshalb vor dem ersten Satzglied stehen: Meine Mutter beklagt sich aber nicht. -> Aber meine Mutter beklagt sich nicht.)
    Der Kaffee, den sie heute Morgen getrunken hat, hat ihr nicht geschmeckt. (Der Nebensatz wird durch ein Pronomen eingeleitet, das ein Satzglied im Nebensatz ist.)

Satzbau - Kongruenz: Fehlerquellen

Beim Satzbau gibt es sehr viele Möglichkeiten, Fehler oder Ungereimtheiten zu machen. Grundsätzlich kann man sich daran halten, Sätze nicht zu komplex zu gestalten, die einzelnen Satzteile nicht mit Informationen zu überladen. Es macht Sinn, wenn eine neue Information kommt, diese auch in einen neuen Satz zu verpacken. Folgende Hinweise können einem beim Bau der Sätze behilflich sein. (Die Formulierungstipps orientieren sich an: Schneider, W. (2010). Deutsch für junge Profis. Wie man gut und lebendig schreibt. Berlin: Rowohlt.)
  • Formuliere überschaubare Sätze; mach einen Satz nicht länger, als bei lautem Lesen der Atem reichen würde.
  • Hauptsätze sind immer erste Wahl.
  • Schreibe Sätze wie Pfeile, die vorwärts streben, nicht unterbrochen werden durch eingeschobene Nebensätze oder überladene Attribute.
  • Tempo lässt sich in den Hauptsatz bringen, wenn man einer Person mehrere Handlungen zuschreibt: Bastian galt als von Moskau bezahlt, von der DDR gelenkt und von allen guten Geistern verlassen.
  • Leser/-innen verstehen die Aussage besser, wenn das Prädikat nicht allzu weit vom Subjekt entfernt steht.
  • Vermeide vorangestellte Attribute (nicht: Bei der von unserem Vorstand diskutierten und mitgetragenen Entscheidung ...).
  • Unerwünscht sind hartnäckig wiederkehrende Satzanfänge. Mit der Normalstellung, dem Subjekt, sollten nicht mehr als zwei Sätze nacheinander beginnen. Es sei denn, das sei ein bewusst eingesetztes rhetorisches Mittel.
  • Verwende Passivsätze zurückhaltend.
  • Mehrere voneinander abhängige Nebensätze sind unübersichtlich: Schachtelsätze vermeiden.
  • Vermeide eingeschobene Nebensätze (nicht: Wir kamen, als es Morgen wurde, an.)
  • Formuliere positiv, vermeide Verneinungen, hüte dich vor allem vor doppelten Verneinungen (nicht: Lassen Sie Ihre Wertsachen nicht unbeaufsichtigt. Sondern: Achten Sie auf Ihre Wertsachen.)

Ein besonderes Problem beim Satzbau ist die Kongruenz. Bei der Kongruenz geht es um Übereinstimmung verschiedener Elemente. Wenn Wörter oder Wortguppen oder allgemein zwei Satzteile miteinander in einer engen Beziehung stehen, übernimmt der eine Satzteil häufig grammatische Merkmale vom anderen. Dann stimmen die beiden Satzteile in den betreffenden Merkmalen überein. Kongruenz kann den Fall (Kasus), die Person, die Zahl (Numerus) und auch das Geschlecht (Genus) betreffen.

Im Deutschen gibt es folgende Kongruenzverhältnisse (Vgl. Heuer u. a., 2006, S. 211 f.)

Art der Kongruenz betroffene grammatische
Merkmale
Beispiel
Nomen mit Pronomen als Begleiter Kasus, Numerus, Genus
(Fall, Zahl, Geschlecht)
mit dem Antrag
Nomen mit Pronomen als Stellvertreter Person, Numerus, Genus
(Person, Zahl, Geschlecht)
Das Mädchen ist froh, weil es sein Spielzeugauto wiedergefunden hat.
Nomen mit attributivem Adjektiv Kasus, Numerus, Genus
(Fall, Zahl, Geschlecht)
schöner Mann, schöne Frau, schönes Kind
Subjekt mit Personalform Person, Numerus
(Person, Zahl)
Du weinst. Er weint.
prädikativer Nominativ mit Personalform Numerus (Zahl) Das sind falsche Anschuldigungen.
Subjekt mit prädikativem Nominativ Kasus, Numerus, Genus
(Fall, Zahl, Geschlecht)
Bea ist eine intelligente Frau.
Akkusativobjekt mit prädikativem Akkusativ Kasus, Numerus, Genus
(Fall, Zahl, Geschlecht)
Bea nennt ihn einen Lügner.
Nomen oder Pronomen mit Nominalgruppe bei "als" und "wie" (Konjunktionalgruppe) Kasus, Numerus, Genus
(Fall, Zahl, Geschlecht)
Bea arbeitet als Lehrerin.
Nomen oder Pronomen mit Apposition Kasus, Numerus, Genus
(Fall, Zahl, Geschlecht)
Bea, die neue Lehrerin, stellt sich dem Kollegium vor.

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