Verknüpfungen auf der Ebene der Bedeutung/Semantik
Grundsätzliches
Wir können die Wörter unserer Sprache nicht beliebig verwenden, sonst werden wir nicht verstanden. In einer Sprachgemeinschaft haben sich die Bedeutungen der Wörter gemäss Konvention/Übereinkunft ergeben. Die allgemeine Bedeutung der Wörter ist die Grundlage für eine sinnvolle Kommunikation. Jeder Mensch, der in einer bestimmten Sprechsituation Wörter verwendet, meint aber jeweils auch etwas ganz Spezifisches mit diesen Wörtern (und Sätzen), die er äussert. Deshalb macht es Sinn, zwischen lexikalischer (= wörtlicher) Bedeutung und aktueller Bedeutung zu unterscheiden:
Wir haben ein semantisches Wissen in unserem Kopf, das mentale Lexikon. Im mentalen Lexikon befinden sich die permanent gespeicherten Bedeutungen. Betreffend das Wort "Frau" sind in unserem Kopf z. B. verschiedene Merkmalseigenschaften (semantische Merkmale) wie "lebendig, menschlich, weiblich, erwachsen" gespeichert. Aktuelle Bedeutungen ergeben sich erst, indem ein Wort konkret in einer Sprechsituation angewendet wird. Wir benutzen Wörter in der Regel nicht isoliert, sondern in einem Text- resp. Satzzusammenhang. Die allgemeinen wörtlichen Bedeutungen werden in einer konkreten Sprechsituation sehr oft differenziert. So ruft der Satz: "Meine Frau bewegt sich auf der Tanzbühne wie ein Fisch im Wasser" ein bestimmtes Bild vom Wort "Frau" hervor; aus der Situation heraus ergibt sich eine konkrete Bedeutung des Worts "Frau"; diese Bedeutung hängt natürlich von der allgemeinen, lexikalischen Bedeutung ab, wird aber noch angereichert durch die Situation.
Wie bereits geschrieben: Wir benutzen Wörter in einem Text- resp. Satzzusammenhang. Sätze,
die in einem Text erscheinen, nebeneinanderstehen, anderen folgen oder
vorausgehen, haben untereinander einen Zusammenhang und bilden ein
Textgesamtes, das zusammenhängend erscheint und einen Sinn ergibt.
Mit sprachlichen Mitteln kann dieser Zusammenhang gesichert werden.
Achtet man darauf, wie dieser Zusammenhang gestiftet werden kann, dann
kann man zwischen Kohäsion und Kohärenz unterscheiden: Die Kohäsion bezieht
sich auf die äussere Gestalt eines Textes, die Verknüpfung einzelner
Textteile durch konkretes sprachliches Material. Die Kohärenz bezieht sich auf den inhaltlichen Zusammenhang, die logische Form. Mit sogenannten Kohäsionsmitteln (an
der Textoberfläche) kann dieser inhaltliche Zusammenhang (der
Texttiefenstruktur) unterstützt werden. Kohäsionsmittel fördern demnach
die Kohärenz. Für genauere Ausführungen zum Thema Kohäsion und Kohärenz
vergleiche >>.
Zu den bekanntesten Kohäsionsmitteln gehören die zu den Verweismitteln gehörenden Pro-Formen wie Pronomen und die Verknüpfungsmittel,
insbesondere Konjunktionen. Pronomen und Konjunktionen sind
Funktionswörter, haben also nur wenig eigenständige Bedeutung, sie sind
in dem Sinn nicht inhaltlich bedeutsames Wortmaterial.
Textzusammenhang kann aber auch durch inhaltlich bedeutsames Wortmaterial hergestellt werden. Wörter treten zu anderen Wörtern in Beziehung. Zwischen den Wörtern entstehen über deren Bedeutungen vielfältige Beziehungen. So entstehen Verknüpfungen im Text auf Bedeutungsebene.
Es ist davon auszugehen, dass viele Wörter unserer Sprache in Organisationseinheiten, sogenannten Bedeutungsfeldern organisiert sind. Ein solches Feld umfasst Wörter, die gemeinsame semantische Merkmale besitzen und auch einen gemeinsamen Referenzbereich haben. Werden Wörter in einem konkreten Text verwendet, dann bringen wir sie mit unserem Welt- und Sprachwissen automatisch miteinander in Verbindung, wenn sie in ein gemeinsames Bedeutungsfeld oder Wissensfeld gehören, das heisst, wenn sie sich begrifflich nahestehen. Unser metereologisches Wissen sagt uns, dass die Wörter drehen und Wind in ein gemeinsames Bedeutungsfeld gehören. Unser Kochwissen legt uns nahe, die Wörter schlagen und Rahm miteinander in Verbindung zu bringen und unser Wirtschaftswissen macht dasselbe mit den Wörtern Crash und Börsenkurs. Diese Wörter treten gehäuft miteinander auf. Solche Beziehungen nennt man Kontiguitätsbeziehungen (vgl.Wikipedia). Dass durch solche begriffliche Nähe Textzusammenhang entsteht, zeigt sich in folgendem Beispiel:Der Trainer musste den Stammtorhüter auswechseln. Im Trainingslager prallte dieser mit einemStürmer zusammen und verletzte sich. Hier wird Thematisches wiederholt (es geht um Fussball), und zwar ohne Wiederholung von Wortmaterial.
In den angesprochenen Bedeutungsfeldern bilden gewisse Wörter eine spezielle Gruppe. Es gibt Wörter, die mit anderen Wörtern in eine ganz enge Beziehungen treten und sich recht systematisch erfassen und beschreiben lassen. Sie beziehen sich deutlich in der Grundbedeutung aufeinander. Man nennt diese Beziehungen semantische Relationen/Bedeutungsrelationen. Typische solche Bedeutungsrelationen/-beziehungen sind Antonymie (Gegensätzlichkeit), Synonymie (Gleichheit oder Ähnlichkeit von Wörtern), Polysemie (Mehrdeutigkeit), Homonymie (gleiches Wort für unterschiedliche Bedeutungen), Hyponymie (Unterordnung -> Unterbegriff), Hyperonymie (Überordnung -> Oberbegriff). Vergleiche dazu genauer >>.
Fazit: Nicht nur Verknüpfungsmittel wie Konjunktionen oder Verweismittel wie Pronomen stellen Textzusammenhang her. Indem Wörter in Bedeutungsfeldern platziert sind, indem Wörter gehäuft gemeinsam in Nachbarschaft auftreten, indem Wörter in ganz bestimmten Bedeutungsbeziehungen (wie Synonymie) vorkommen, wird ebenfalls Zusammenhang in einem Text hergestellt. Das steht nachfolgend im Vordergrund.
In der Folge werden vier "Konzepte" behandelt, die solche Verknüpfungen im Text auf der Bedeutungsebene darstellen:
- semantische Merkmale und Prototypen
- semantische Relationen
- Bedeutungsfelder/Wortfelder und Kontiguität
- Themenentwicklung