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Ergänzungen, Prädikative, Adverbialien und Attribute

Grundsätzliches

Die formale Bestimmung der Satzglieder ist manchmal unbefriedigend, weil in einem Satz mehrere Satzglieder dieselbe formale Bezeichnung haben. 
So ist in folgendem Satz dreimal eine Nominalgruppe im Akkusativ vorhanden (blau ausgezeichnet):

  • Den ganzen Tag nennt Carla ihn erstaunlicherweise einen lieben Kerl.
Das ist, wie wenn in einer Familie alle Familienmitglieder nur nach dem Nachnamen benannt würden. Die drei Nominalgruppen im Akkusativ leisten im Satz Unterschiedliches, sie haben eine unterschiedliche Funktion.

Grundsätzlich gibt es drei Funktionen von Satzgliedern:
1. Aktanten/Ergänzungen: Subjekt und Objekte
2. Prädikative
3. Adverbialien
Es gibt daneben auch Wortgruppen, die ausserhalb eines Satzes stehen und in dem Sinn spezielle Satzglieder sind und keiner der drei Funktionen zuzuordnen sind.

Achtung: Bestandteile von Satzgliedern, die sich um den Kern des Satzgliedes gruppieren (= Attribute), sind keine Satzglieder, sondern Satzgliedteile.

Ergänzungen (Aktanten)

Aktanten/Ergänzungen hängen direkt von einem Verb oder einem Adjektiv ab. Dabei ist im Verb oder Adjektiv angelegt, dass eine Ergänzung folgt resp. folgen kann. Dabei legt das Verb oder das Adjektiv fest, in welchem Fall die Ergänzung ist (oder - bei Präpositionalobjekten - welche Präposition zu wählen ist).
So verlangt in folgendem Satz das Verb 'schenken' drei Ergänzungen, die auf folgende Fragen Antwort geben:Wer schenkt wem was? 
- Ich schenke dir zum Geburtstag ein Buch.
Und so verlangt in folgendem Satz das Adjektiv 'überdrüssig' eine Ergänzung: 
- Ich bin deiner Antworten überdrüssig.

Es gibt zwei Arten von Aktanten/Ergänzungen: das Subjekt und Objekte.
  • Subjekt: Ein Subjekt ist formal gesehen ein Aktant, der eine Nominalgruppe im Nominativ (vgl. >>) ist; demzufolge gibt das Subjekt Antwort auf die Frage "Wer?". Das Subjekt stimmt mit dem konjugierten Verb in Person und Numerus überein (= Kongruenz zwischen Subjekt und Prädikat); demzufolge hat es eine besonders enge Beziehung zum finiten (= konjugierten) Verb.
    Ein Satz hat in aller Regel ein Subjekt; es gibt nur wenige konjugierte Verben, die kein Subjekt verlangen.
    • Die Zuschauer sind begeistert. (Satz mit Subjekt = Normalfall; Subjekt = Zuschauer)
    • Den Zuschauern war bange. (subjektloses Verb)
    • Dem Kind wurde geholfen. (subjektloses Passiv)
  • Objekt: Stehen Aktanten, die Nominalgruppen sind, nicht im Nominativ, dann sind sie Objekte. Das heisst:
    • Objekte als Nominalgruppen sind Aktanten, die entweder im Genitiv, Dativ oder Akkusativ stehen. Demzufolge gibt es:
      • Genitivobjekte:
        • Ich erinnere mich seiner Mutter: Ich erinnere mich ihrer. (Objekt abhängig von einem Verb = Normalfall)
        • Ich bin deiner Klagen überdrüssig. (Objekt abhängig von einem Adjektiv = Ausnahmefall)
      • Dativobjekte:
        • Ich helfe dem Hund. Ich helfe ihm. (Objekt abhängig von einem Verb = Normalfall)
        • Deine Mutter ist mir sehr zugetan. (Objekt abhängig von einem Adjektiv =Ausnahmefall)
      • Akkusativobjekte:
        • Ich sehe die Wolke. Ich sehe sie. (Objekt abhängig von einem Verb = Normalfall)
        • Ich bin die Aufregung nicht mehr gewohnt. (Objekt abhängig von einem Adjektiv =Ausnahmefall)
    • Objekte in der Form von Nominalgruppen können immer durch ein Pronomen ersetzt werden (oder sind schon ein stellvertretendes Pronomen).
    • Es gibt aber auch Objekte, die keine Nominalgruppen sind. Diese haben ebenfalls einen engen Bezug zu einem Verb oder Adjektiv. Es gibt:
      • Präpositionalobjekte:
        • Meine Verwandten reden immer über die Abwesenden. (Objekt abhängig von einem Verb = Normalfall)
        • Ich bin zornig über dein Verhalten . (Objekt abhängig von einem Adjektiv =Ausnahmefall)
      • Adverbgruppen als Objekte:
        • Meine Verwandten reden immer darüber. (Objekt abhängig von einem Verb = Normalfall)
          Die Präpositionalgruppe "über die Abwesenden"
           im oben stehenden Satz kann durch ein Pronominaladverb/ Präpositionaladverb ersetzt werden. Dabei muss die vom Verb oder Adjektiv verlangte Präposition im Adverb enthalten sein.
        • Ich bin zornig darüber . (Objekt abhängig von einem Adjektiv = Ausnahmefall)
          Die Präpositionalgruppe "über sein Verhalten" im oben stehenden Satz kann durch ein Pronominaladverb/ Präpositionaladverb ersetzt werden. Dabei muss die vom Verb oder Adjektiv verlangte Präposition im Adverb enthalten sein.

Prädikative

Prädikative hängen zum einen von einem Verb (selten von einem Adjektiv) ab. Zum anderen beziehen sie sich zusätzlich aber eng auf einen Aktanten/eine Ergänzung (also auf das Subjekt oder ein Objekt).
Das zeigt sich in folgendem Satz: 
  • Den ganzen Tag nennt Carla ihn erstaunlicherweise einen lieben Kerl.
'einen lieben Kerl' ist abhängig vom Verb 'nennen', gleichzeitig bezieht sich das Satzglied aber auch auf den Aktanten/das Objekt 'ihn'. Ein Prädikativ hat also immer einen doppelten Bezug.

Es gibt verschiedene prädikative Satzglieder:
  • prädikativer Nominativ: Bei einem Bezug auf ein Subjekt liegt ein Subjektsprädikativ vor. Normalerweise nennt man dieses Prädikativ im Nominativ prädikativen Nominativ oder auchGleichsetzungsnominativ. Der prädikative Nominativ steht vor allem bei folgenden Verben: sein, bleiben, werden, scheinen, heissen, dünken.
    • Ich bin Fussballerin. (ein prädikativer Nominativ bezieht sich auf das Subjekt "ich" und auf das Verb "bin" -> doppelter Bezug)
  • prädikativer Akkusativ: Bei einem Bezug auf ein Akkusativobjekt liegt ein prädikativer Akkusativ (=Gleichsetzungsnominativ) vor. Der prädikative Akkusativ steht vor allem bei folgenden Verben:finden, nennen, schimpfen, schelten heissen.
    • Du heisst ihn einen Prinzen. (der prädikative Akkusativ bezieht sich auf das Akkusativobjekt "ihn" und auf das Verb "heissen" -> doppelter Bezug)
  • Nicht nur Nominalgruppen können Prädikative sein:
    • prädikative Präpositionalgruppe: Der Bezug ist wiederum doppelt vorhanden: auf das Verb (im Ausnahmefall das Adjektiv) und auf einen Aktanten/eine Ergänzung.
      • John wurde zum Rektor gewählt. (die prädikative Präpositionalgruppe bezieht sich auf das Subjekt "John" und auf das Verb "wurde ... gewählt" -> doppelter Bezug)
    • prädikative Konjunktionalgruppe: Der Bezug ist wiederum doppelt vorhanden: auf das Verb (im Ausnahmefall das Adjektiv) und auf einen Aktanten/eine Ergänzung.
      • Man bezeichnet ihn als Verlierer . (die prädikative Konjunktionalgruppe bezieht sich auf das Subjekt "man" und auf das Verb "bezeichnet" -> doppelter Bezug)
    • prädikative Adjektiv-/Partizipgruppe: Der Bezug ist wiederum doppelt vorhanden: auf das Verb und auf einen Aktanten/eine Ergänzung.
      • Hanna ist intelligent (die prädikative Adjektivgruppe bezieht sich auf das Subjekt "Hanna" und auf das Verb "ist" -> doppelter Bezug)
    • prädikative Adverbgruppe: Der Bezug ist wiederum doppelt vorhanden: auf das Verb und auf einen Aktanten/eine Ergänzung.
      • Alle Anstrengungen waren vergebens (die prädikative Adverbgruppe bezieht sich auf das Subjekt "alle Anstrengungen" und auf das Verb "waren" -> doppelter Bezug.
  • Achtung: Es gibt keinen prädikativen Genitiv und Dativ.

Adverbialien

Adverbialien beziehen sich auf ein Verb, ein Adjektiv, ein unflektiertes Wort (Partikel) oder auch auf den ganzen Satz. Sie sind wesentlich freier wählbar als Aktanten/Prädikative und geben die Umstände an. Sie können in einem Satz in aller Regel weggelassen werden, ohne dass der Satz ungrammatisch wird. 
Bezug auf ein Verb: Hanna singt laut.
Bezug auf ein Adjektiv: Hanna ist in St. Gallen wohnhaft.
Bezug auf ein unflektiertes Wort: Hanna war in St. Gallen zugegen.
Bezug auf den ganzen Satz/den Satz als Ganzes: Hanna reist leider nach Hause. (Hier hat es neben dem Advebiale 'leider' natürlich auch noch das Adverbiale 'nach Hause'. 'leider' bezieht sich aber auf den Satz als Ganzes, 'nach Hause' auf 'reist'.)
Adverbialien lassen sich in Untergruppen unterteilen. Die meisten Adverbialien lassen sich in eine der folgenden vier Untergruppen einordnen. (Vgl. dazu auch Heuer, W.; Flückiger, M.; Gallmann, P. (2006). Richtiges Deutsch ... (27. Aufl.). Zürich: Verlag Neue Zürcher Zeitung. S. 181f.)

  • Adverbiale des Ortes/Raumes (lokale Adverbialien): Es (= das Adverbiale) macht eine Ortsangabe und lässt sich mit "Wo? Woher? Wohin?" erfragen:
    • Sie kommt nach St. Gallen. (Wohin kommt sie?)
  • Adverbiale des Grundes (kausale Adverbialien): Es gibt einen (Gegen-)Grund oder Zweck an und lässt sich mit "Warum? Weshalb? Wozu? Trotz welchen Umständen? Mit welcher Folge? Unter welcher Bedingung? In welchem Fall?" erfragen:
    • Wegen Krankheit geht sie nicht ins Theater. (Weshalb geht sie nicht ins Theater?)
  • Adverbiale der Zeit (temporale Adverbialien): Es enthält eine Aussage über die Zeit und lässt sich mit "Wann? Seit wann? Bis wann?" erfragen:
    • Des Abends bin ich nie in Form. (Wann bin ich nicht in Form?)
  • Adverbiale der Art und Weise (modale Adverbialien): Es lässt sich mit "Wie?" erfragen:
    • Mein Vater singt schön . (Wie singt mein Vater?)
Es gibt verschiedene adverbiale Satzglieder:
  • adverbialer Genitiv: Des Abends bin ich nie in Form. (Wann bin ich nicht in Form? -> Adverbiale der Zeit)
  • adverbialer Akkusativ: Den ganzen Tag arbeitet er. (Wann arbeitet er? -> Adverbiale der Zeit)
  • adverbiale Präpositionalgruppe: Am Waldrand treffen sie sich. (Wo treffen sie sich? -> Adverbiale des Ortes)
  • adverbiale Konjunktionalgruppe: Wie ein Verrückter rennt er durch die Stadt. (Wie rennt er durch die Stadt? -> Adverbiale der Art und Weise)
  • adverbiale Adjektivgruppe: Laut rufst du in die Runde. (Wie rufst du in die Runde? -> Adverbiale der Art und Weise)
  • adverbiale Adverbgruppe: Abends bin ich nie in Form. (Wann bin ich nicht in Form? -> Adverbiale der Zeit)
  • Achtung: Es gibt keinen adverbialen Nominativ und Dativ.
  • Achtung: Adverbiale Nominalgruppen lassen sich nicht durch ein stellvertretendes Pronomen ersetzen. (Den ganzen Tag gehe ich nicht mehr aus dem Haus. -> *Ihn gehe ich nicht mehr aus dem Haus.)

Attribute

Wortgruppen bestehen aus zusammengehörigen Wörtern. Eine Wortgruppe kann aber auch nur aus einem Wort bestehen. Es gibt zwei verschiedene Arten von Wortgruppen:

  • Satzglieder: Ein Satzglied ist eine Wortgruppe, die sich geschlossen verschieben lässt, dabei ihren Sinn behält und sich auch durch eine kleinere Wortgruppe oder ein Wort ersetzen lässt.
  • Gliedteile: Ein Gliedteil ist eine Wortgruppe, die ein Teil eines Satzgliedes ist. Das heisst, ein Gliedteil steht in einem Satzglied neben dem Kern des Satzgliedes, ist von diesem Kern direkt oder indirekt abhängig. Man nennt die Gliedteile auch Attribute im weiten Sinn (Attribute im engen Sinn sind Gliedteile, die von einem Nomen oder Pronomen abhängen).
Gliedteile (= Attribute) benennt man in erster Linie nach ihrer Form. Bei der formalen Bestimmung/Bezeichnung von Wortgruppen ist entscheidend, was der Kern der entsprechenden Wortgruppe ist resp. welcher Wortart der Kern der Wortgruppe zuzuordnen ist.
  • Ist der Kern der Wortgruppe ein Nomen, ein Pronomen oder eine Nominalisierung, dann liegt formal gesehen eine Nominalgruppe vor.
    Die Nominalgruppe wird noch genauer aufgrund ihres Falls bezeichnet, also:
    • Nominalgruppe im Nominativ, Beispiel: Der Frühling zieht ins Land.
    • Nominalgruppe im Akkusativ, Beispiel: Man nennt ihn einen Lügner.
    • Nominalgruppe im Dativ, Beispiel: Über dem Bett hängt ein Bild.
    • Nominalgruppe im Genitiv, Beispiel: Die Mutter meiner Freundin stand vor der Tür.
  • Ist der Kern der Wortgruppe ein Adjektiv, dann liegt formal gesehen eine Adjektivgruppe vor. Beispiel: Sie arbeitet fleissig.
    Wird ein Partizip adjektivisch verwendet, dann liegt eine Partizipgruppe vor. Beispiel: Die lachendenKinder grüssen uns.
  • Ist der Kern der Wortgruppe ein Adverb, dann liegt formal gesehen eine Adverbgruppe vor. Beispiel:Alle Mühe war umsonst.
  • Ist der Kern der Wortgruppe eine Präposition, dann liegt formal gesehen eine Präpositionalgruppevor. Beispiel: Sie reden dauernd über Ferien.
  • Ist der Kern der Wortgruppe eine Konjunktion, dann liegt formal gesehen eine Konjunktionalgruppevor. Beispiel: Anna verkleidet sich als Indianerin.
Nominal-, Adjektiv-/Partizip-, Adverb-, Präpositional- und Konjunktionalgruppen können sowohl Satzglieder als auch Gliedteile/Attribute sein. Hier interessieren aber die Gliedteile/Attribute. Um diese zu erkennen, muss zunächst festgestellt werden, was der Kern einer Wortgruppe ist.

Eine funktionale Benennung der Gliedteile ist nur für Nominalgruppen üblich. Es gibt folgende funktionale Bezeichnungen:
  • Begleiter: So nennt man Pronomen/Artikel, die ein Nomen begleiten.
    Beispiel: Das ist eine Frechheit!
  • Genitivattribut: So nennt man einen Gliedteil in Form einer Nominlagruppe im Genitiv; diese folgt einem Bezugsnomen oder geht ihm voraus.
    Beispiele: Die Chefin meines Vaters kommt zu uns zum Essen. Claudias Vater ist mein Lehrer.
  • Apposition: So nennt man einen Gliedteil, der im gleichen Kasus/Fall steht wie das zugehörige Nomen/die zugehörige Nominalgruppe. Die Apposition folgt im Normalfall dem Bezugsnomen, kann ihm aber (ohne Artikel) auch vorangestellt werden. Eine lockere Apposition wird durch Kommas von der Bezugsnominalgruppe abgegrenzt und ist auch stimmlich abgesetzt. Eine enge Apposition nicht.
    Beispiele: Rosa, meine neue Freundin, hat heute eine wichtige Prüfung. (lockere Apposition)
    Unser Rektor, Marc König, lädt zu einem Vortrag ein. (lockere Apposition, da stimmlich abgesetzt; Eigenname, der auf einen Titel oder eine Gattungsbezeichnung folgt)
    Die Direktorin Hanna Kölbener lobt ihre Mitarbeiterinnen. (enge Apposition, da stimmlich nicht abgesetzter Eigenname, weil er als notwendige Erläuterung zum Titel anzusehen ist)
    Friedrich der Grosse herrschte im 18. Jahrhundert. (enge Apposition = Beiname)
    Geben Sie mir ein Kilogramm Brot. (enge Apposition nach einer Massbezeichnung)
    Die Stadt St. Gallen hat sich herausgeputzt. (enge Apposition, da stimmlich nicht abgesetzt)
    Professorin Kerner hält eine spannende Vorlesung. (enge Apposiiton, da nicht stimmlich abgesetzt; Ausnahmefall: vorangestellt)

Übungen

 
Die theoretischen Erläuterungen orientieren sich an:
Schülerduden Grammatik (2010). Die Schulgrammatik zum Nachschlagen, Lernen und Üben. 6., neu bearb. und aktualisierte Aufl. Hrsg. von der Dudenredaktion. Bearbeitet von Peter Gallmann, Maria Geipel und Anna Wagner. Mannheim u. a.: Dudenverlag.

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