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Lösungsansatz

Verb oder nicht?

Was spricht dafür, was dagegen, dass die in den folgenden Sätzen ausgezeichneten Wörter Verben (vgl. >>) sind?

  • Sie ist die lachende Dritte bei der Auseinandersetzung.
  • Das Surfen macht mir Spass.
  • Das Essen, das du zubereitet hast, hat mir sehr geschmeckt.

Ein Verb kann man grundsätzlich konjugieren. Das heisst: Im Satz muss man überprüfen, ob ein fragliches Wort grundsätzlich in eine bestimmte Zeitform gesetzt werden kann. Wenn das der Fall ist, liegt ein Verb vor.

  • Ich trinke ein Glas Wasser. [ „trinke“ ist ein Verb, weil es in einer bestimmten Zeitform (= Präsens) steht.]
  • Das getrunkene Glas steht jetzt leer vor mir. [„getrunkene“ ist ein Verb, weil es grundsätzlich in eine bestimmte Zeit gesetzt werden kann: Ich trinke. Hier liegt das Verb als Partizip II vor uns, das wie ein Adjektiv verwendet werden kann. Fazit: „getrunkene“ ist ein adjektivisch verwendetes Verb.]
  • Ein Glas Wein trinkend, sitzen sie vor dem Fernsehapparat. [„trinkend“ ist ein Verb, weil es grundsätzlich in eine bestimmte Zeit gesetzt werden kann: Ich trinke ein Glas Wein. Hier liegt das Verb als Partizip I vor, „trinkend“ ist der Kern einer Partizipgruppe, die verbal verwendet wird.]
  • Der trinkende Mann sitzt am Tisch. [„trinkende“ ist ein Verb, weil es grundsätzlich in eine bestimmte Zeit gesetzt werden kann: Ich trinke. Hier liegt das Verb als Partizip I vor uns, das wie ein Adjektiv verwendet werden kann. Fazit: „trinkend“ ist ein adjektivisch verwendetes Verb.]
  • Das Trinken macht mir Spass. [„Trinken“ ist ein Verb, weil es grundsätzlich in eine bestimmte Zeit gesetzt werden kann: Ich trinke. Hier liegt das Verb als Infinitiv vor uns, der wie ein Nomen verwendet werden kann. Fazit: „Trinken“ ist ein wie ein Nomen verwendetes Verb = nominalisiertes Verb.]

Vorstehende Aufzählung zeigt: Es ist eine Auffälligkeit, dass ein Verb im Satz unterschiedliche Funktionen übernehmen kann. Es kann verbal gebraucht werden, es kann wie ein Adjektiv oder wie ein Nomen gebraucht werden. Wenn man davon ausgeht, dass die Unterteilung der Wörter in Wortarten eine Unterteilung ist, die unabhängig von der konkreten Verwendung des Wortes im Satz vonstatten geht, dann lässt sich betreffend Verb sagen: Kann man ein Wort grundsätzlich konjugieren, dann gehört es zur Wortart Verb. In einem zweiten Schritt kann man dann fragen: Wie wird das Verb konkret im Satz verwendet? Verbal, adjektivisch oder nominalisiert? Wird das Verb adjektivisch verwendet, übernimmt es natürlich auch die grammatischen Merkmale des Adjektivs. Wird es wie ein Nomen verwendet, dann übernimmt es auch die grammatischen Merkmale des Nomens.

Auf dem Hintergrund lassen sie die aufgeführten Beispiele beurteilen.

  • Sie ist die lachende Dritte bei der Auseinandersetzung.
    "lachende" ist das Partizip I des Verbs "lachen", man kann "lachen" grundsätzlich konjugieren: Ich lache.
    Hier wird "lachend" wie ein Adjektiv verwendet, und zwar wie ein attributives. Es übernimmt damit auch die grammatischen Merkmale des Adjektivs, hier konkret: Numerus: Singular, Genus: Femininum, Kasus: Nominativ; Deklinationsart: schwach; Gebrauch: attributiv.
  • Das Surfen macht mir Spass.
    "Surfen" ist der Infinitiv des Verbs "surfen", man kann "surfen" grundsätzlich konjugieren: Ich surfe.
    "Surfen" wird hier wie ein Nomen verwendet. Jeder Infinitiv eines Verbs lässt sich nominalisieren: das Surfen, das Lachen, das Essen, das Tun ...
    Das nominalisierte Verb übernimmt auch die grammatischen Merkmale des Nomens, hier konkret: Numerus: Singular, Genus: Neutrum, Kasus: Nominativ.
  • Das Essen, das du zubereitet hast, hat mir sehr geschmeckt.
    "Essen" ist der Infinitiv des Verbs "essen", man kann "essen" grundsätzlich konjugieren: Ich esse.
    "Essen" wird hier wie ein Nomen verwendet. Jeder Infinitiv eines Verbs lässt sich nominalisieren: das Surfen, das Lachen, das Essen, das Tun ...
    Das nominalisierte Verb übernimmt auch die grammatischen Merkmale des Nomens, hier konkret: Numerus: Singular, Genus: Neutrum, Kasus: Nominativ.
    Hier ist aber ein Spezialfall vorhanden, weil das Wort "Essen" sich verselbständigt hat. Der Infinitiv des Verbs "essen" ist zu einem eigenen Eintrag im Wörterbuch geworden. Ist das der Fall, dann kann man das Wort allein als Nomen betrachten und muss es nicht als nominalisiertes Verb bezeichnen. Es gibt eine kleine Anzahl von nominalisierten Infinitiven, die sich zu Nomen verselbständigt haben. "Essen" gehört dazu.

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