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Textfunktion, Intention eines Textes

 

Ein Text wird mit einer bestimmten Absicht erzeugt. Der Autor/die Autorin unterlegt den Text mit einem "kommunikativen Sinn", möchte mit dem Text etwas Bestimmtes erreichen, zum Beispiel die Leser/-innen informieren, überzeugen, unterhalten. Damit ist die Textfunktion oder Textintention angesprochen.

Texte sind nichts anderes als (komplexe) sprachliche Handlungen. Demzufolge sind Faktoren wie "Textadressat", "Situation", "Beziehung zwischen den Kommunikationspartner/-innen", "geteiltes Weltwissen der Kommunikationspartner/-innen" wichtig, um abschätzen zu können, mit welcher Absicht ein bestimmter Text geschrieben worden ist. Innerhalb einer bestimmten Sprachgemeinschaft entwickel(te)n sich vorgeprägte Textfunktionen. Die Sprachwissenschaft hat verschiedene Klassifikationen von solchen vorgeprägten Textfunktionen erstellt. Die meisten Klassifikationen lassen sich auf ein Modell von Karl Bühler zurückführen, der sprachlichen Zeichen drei Grundfunktionen zukommen lässt:

  1. Funktion der Darstellung: Sachverhalte, Gegenstände, Ereignisse werden dargestellt.
  2. Funktion des Ausdrucks: Befindlichkeiten, Emotionen, Einstellungen der Zeichenbenutzer kommen zum Ausdruck.
  3. Funktion des Appells: Der Texterzeuger wendet sich an eine Adressatin, um sie zu bestimmten Reaktionen zu veranlassen.

Aus diesem Modell lässt sich ein einfaches Modell der (schriftlichen) Texterstellung ableiten und ausgehend davon lassen sich Grundformen des Schreibens bezeichnen, welche Auskunft über die Textintention/-funktion geben.

Modell der Texterzeugung (angelehnt an Karl Bühlers "Organonmodell"):

Es gibt eine sehr grosse Zahl an Textarten/Textsorten; sie lassen sich jedoch als eine Kombination von verschiedenen Grundformen des Schreibens betrach­ten. Vom Modell der Texterzeugung kann man Grundformen des Schreibens ableiten. Wenn wir einen Text schreiben, überwiegt oftmals eine Grundform, doch meist überschneiden sich die einzelnen Grundfor­men. Diese Grundformen verweisen auf grundlegende Textfunktionen/-intentionen. Es ist sinnvoll, folgende Grundformen zu unterscheiden (vgl. Bonati, 1990):

  1. Dokumentieren (die Sache steht im Zentrum)
    Im Vordergrund besteht der Be­zug auf einen Sachverhalt. Wer dokumentiert, ist gehalten, Sachverhal­ten gerecht zu werden.
    Beispiele: Beschreibung, Nachricht, Bericht, Protokoll, Reportage, Zu­sammenfassung, Facharbeit, …
  2. Argumentieren (die Sache und der Andere stehen im Zentrum)
    Es wird auf einen strittigen Sachverhalt Bezug genommen. Die Lesenden sollen von der Richtigkeit einer Beurteilung oder Lösung überzeugt werden.
    Beispiele: Stellungnahme, Kommentar, Textinterpretation, Abwägung, Erörterung, …
  3. Appellieren (der Andere steht im Zentrum)
    Die Beeinflussung der lesenden Per­son steht im Vordergrund. Es geht um Über­zeugen und Überreden, wobei rhetorische Mittel und die Bezugnahme auf Triebe, Wünsche und Ge­fühle zum Einsatz kom­men.
    Beispiele: Werbung, Bewerbung, Leserbrief, …
  4. Fingieren (die Sprache/der Text und das Ich stehen im Zentrum)
    Im Vordergrund steht das Erdenken und Erdichten. Es geht darum, die eigene Phantasie auszudrücken, mit Sprache spielerisch umzugehen und Gedachtes und Erdichtetes in einem span­nungsvollen Bezug mit der gesellschaftlichen, ökonomischen, politischen und persönlichen Realität in Beziehung zu setzen.
    Beispiele: Erzählung, Kurzgeschichte, Gedicht, …
  5. Kommunizieren über sich (das Ich steht im Zentrum)
    Die eigene Person, aber auch die eigenen Wahrnehmungen, Wertun­gen und Fähigkeiten werden Gegenstand der Kommunikation.
    Beispiele: Selbstporträt, Arbeitstagebuch, Klassentagebuch, literarische Selbstdarstellung, …

Natürlich gelten diese Grundformen auch für die mündliche Kommunikation.


Die Ausführungen orientieren sich an:
- Bonati, Peter: Schreiben und Handeln (
1990). Ein Lehr- und Lernbuch für den Aufsatzunterricht und das Selbststudium unter Mitarbeit von Klaus Bütikofer und Erika Werlen. Aarau u.a.: Sauerländer. (= Studienbücher Sprachlandschaft; 2).
- Linke, Angelika; Nussbaumer, Markus; Portmann, Paul R. (2004). Studienbuch Linguistik. Ergänzt um ein Kapitel "Phonetik/Phonologie" von Urs Willi. 5., erw. Auflage. Mit Ergänzungen von Simone Berchtold u. a. Tübingen: Max Niemeyer Verlag. S. 275-277.