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Wortschatz, Stil: idiomatische Verbindungen, Redensarten, Sprichwörter

 
Wörter können Wortgruppen bilden, die feste Wendungen, Verbindungen sind. Solche Verbindungen nennt man idiomatische Verbindungen (= Phraseologismen). Sie sind "vorgeformt", können also nicht frei gebildet werden.
Ein Kennzeichen von idiomatischen Verbindungen ist, dass ihre Bedeutungen nicht oder nur teilweise aus den Einzelbedeutungen der Bestandteile erschlossen werden können. Sie sind in der Regel nicht wörtlich zu verstehen. So bedeutet die feste Wendung "Irina hat Alex um den Finger gewickelt" nicht, dass Alex nun tatsächlich als Wickel um Irinas Finger liegt. Ein weiteres Kennzeichen idiomatischer Verbindungen ist, dass sie in der Regel eine feste, nur begrenzt veränderbare Struktur haben. So sperren sich feste Wendungen oft gegen syntaktische Operationen. In festen Wendungen lassen sich die einzelnen Teile in der Regel nicht einfach ersetzen. Man kann in der festen Wendung "mit Mann und Maus untergehen" nicht "Mann" durch "Frau" ersetzen (*mit Frau und Maus untergehen??). In freien Wortgruppen kann man ohne Probleme erläuternde Zusätze (Attribute) einfügen, man kann die freien Wortgruppen erweitern oder unterbrechen, man kann Glieder umstellen oder die Form der Wörter ändern (z. B. vom Singular in den Plural setzen). Das alles geht in der Regel bei festen Wendungen nicht:
  • Ersetzung in der Regel nicht möglich: mit Mann und Maus untergehen -> ?? mit Mann und Hamster untergehen ??
  • Attribuierung in der Regel nicht möglich: -> ?? mit Mann und hungriger Maus untergehen ??
  • Unterbrechung in der Regel nicht möglich: -> ?? mit Mann und unter Umständen Maus untergehen ??
  • Umstellung in der Regel nicht möglich: -> ?? mit Maus und Mann untergehen ??
  • Formänderung in der Regel nicht möglich: -> ?? mit Männern und Mäusen untergehen ??
Wie gesagt: Idiomatische Verbindungen kann man in der Regel nicht wortwörtlich verstehen. Doch nicht alle nichtwörtlich gebrauchten Wortgruppen sind idiomatische Verbindungen. So kann man das Wort "Hund" für einen Menschen verwenden. Ein "gemeiner Hund" ist dann ein "gemeiner Mensch". Das ist aber noch keine feste Wendung, weil das Adjektiv "gemein" auch durch andere Adjektive ersetzt werden kann: ein "hinterhältiger Hund" wäre dann zum Beispiel ein "hinterhältiger Mensch". Anders sieht es bei der festen Verbindung "Das ist ein dicker Hund!" aus. Hier muss das Adjektiv "dick" in der Wortgruppe zwingend vorhanden sein, weil die Wortgruppe nur dann "eine erstaunliche Sache, eine grosse Frechheit" meint.
Von den festen Wendungen sind auch poetische Metaphern abzugrenzen, die für Umschreibungen dienen. So kann eine Dichterin die Sonne "als brennendes Feuer" bezeichnen, ohne dass daraus eine feste Wendung wird. Des Weiteren sind Verknüpfungen von Verben mit bestimmten Präpositionen keine festen Wendungen. Es gibt noch andere Abrenzungsprobleme, auf die aber nicht weiter eingegangen wird.

Die wichtigsten Unterarten der idiomatischen Verbindungen sind:
  • Sprichwörter
    "Ein Sprichwort ist ein kurzer, griffiger Satz, der eine Situation auf den Punkt bringt. Sprichwörter beinhalten oft Weisheiten des Alltags [...]. Sprichwörter sind zeitlos und haben keinen bestimmten Urheber." (phraseo.de) Ein Sprichwort bildet einen eigenständigen Satz.
  • Redensarten und Redewendungen
    Redensart: "Eine Redensart ist ein kurzer, treffender und bildhafter Ausspruch. Redensarten werden in einen Satz eingebettet und unterscheiden sich damit von Sprichwörtern, die als selbständige Sätze gebraucht werden. Die Begriffe »Redensart« und »Redewendung« sind nicht klar voneinander zu trennen." (phraseo.de)
    Redewendung: "Eine Redewendung ist eine Verbindung von Wörtern, die zusammen einen bildhaften Ausdruck darstellen. Die Bedeutung einer Redewendung deckt sich meist nicht mit der Bedeutung der einzelnen Wörter und weicht somit vom wortwörtlichen Sinn ab. Die Bezeichnungen 'Redewendung' und 'Redensart' werden oft als gleichbedeutend angesehen. [...] Im umgangssprachlichen Gebrauch dient 'Redewendung' auch als Oberbegriff für alle festen Wortverbindungen." (phraseo.de)
  • geflügelte Worte/Zitate
    "Als geflügeltes Wort wird ein auf eine konkrete Quelle zurückführbares Zitat bezeichnet, das als Redewendung Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch gefunden hat." (Wikipedia)
  • Routineformeln
    Routineformeln sind Sätze, die eine routineartige Sprachhandlung umfassen (wie Grussformeln, Höflichkeitsformeln, ...).
Idiomatische Verbindungen treten in dreierlei Form auf:
  1. als feste syntaktische Verknüpfungen in der Form eines Satzgliedes oder Attributs (Syntagmen):
    Beispiele: Sie haben Hab und Gut verloren. (Hab und Gut = Objekt)
    Sie hatte ein hieb- und stichfestes Alibi. (hieb- und stichfestes = Attribut)
  2. als selbständige Sätze:
    Beispiele: Glück und Glas - wie leicht bricht das. (Sprichwort) Durch diese hohle Gasse muss er kommen. (Zitat)
    Routineformeln: Machs gut! (Grussformel); Hoch soll sie leben! (Glückwunsch); Keine Ursache! (Höflichkeitsformel); Bitte nur einzeln eintreten! (Handlungsanweisung)
  3. als verbale Wortketten, die in einen Satz eingebettet werden:
    Beispiel: Redensart "Schwein haben" -> Du hast vielleicht Schwein gehabt .
(Die Erläuterungen orientieren sich an "Duden. Redewendungen und sprichwörtliche Redensarten (1992). Wörterbuch der deutschen Idiomatik. Duden Band 11. Bearb. von G. Drosdowski und W. Scholze-Stubenrecht. Mannheim u. a.: Dudenverlag. S. 7-13.)