Grammatik in Anwendung

Kasus - Ungereimtheiten

Ungereimtheiten im Kasusgebrauch ergeben sich unter anderem aufgrund fehlender Übereinstimmung zwischen einzelnen Satzteilen (fehlende Kongruenz). Bei der Kongruenz geht es um Übereinstimmung verschiedener Elemente. Wenn Wörter oder Wortguppen oder allgemein zwei Satzteile miteinander in einer engen Beziehung stehen, übernimmt der eine Satzteil häufig grammatische Merkmale vom anderen. Dann stimmen die beiden Satzteile in den betreffenden Merkmalen überein. Kongruenz kann den Fall (Kasus), die Person, die Zahl (Numerus) und auch das Geschlecht (Genus) betreffen.
Im Deutschen gibt es folgende Kongruenzverhältnisse (Vgl. Heuer u. a., 2006, S. 211 f.)

Art der Kongruenz		betroffene grammatische Merkmale	Beispiel
Nomen mit	Pronomen als Begleiter	Kasus, Numerus, Genus (Fall, Zahl, Geschlecht)	mit dem Antrag
Nomen mit	Pronomen als Stellvertreter	Person, Numerus, Genus (Person, Zahl, Geschlecht)	Das Mädchen ist froh, weil essein Spielzeugauto wiedergefunden hat.
Nomen mit	attributivem Adjektiv	Kasus, Numerus, Genus (Fall, Zahl, Geschlecht)	schöner Mann, schöne Frau, schönes Kind
Subjekt mit	Personalform	Person, Numerus (Person, Zahl)	Du weinst. Er weint.
prädikativer Nominativ mit	Personalform	Numerus (Zahl)	Das sind falsche Anschuldigungen.
Subjekt mit	prädikativem Nominativ	Kasus, Numerus, Genus (Fall, Zahl, Geschlecht)	Bea ist eine intelligente Frau.
Akkusativobjekt mit	prädikativem Akkusativ	Kasus, Numerus, Genus (Fall, Zahl, Geschlecht)	Bea nennt ihn einen Lügner.
Nomen oder Pronomen mit	Nominalgruppe bei "als" und "wie" (Konjunktionalgruppe)	Kasus, Numerus, Genus (Fall, Zahl, Geschlecht)	Bea arbeitet als Lehrerin.
Nomen oder Pronomen mit	Apposition	Kasus, Numerus, Genus (Fall, Zahl, Geschlecht)	Bea, die neue Lehrerin, stellt sich dem Kollegium vor.

Die folgenden Beispiele orientieren sich an: Heuer, Walter; Flückiger, Max; Gallmann, Peter (2006). Richtiges Deutsch.Vollständige Grammatik und Rechtschreiblehre unter Berücksichtigung der alktuellen Rechtschreibreform (27. Aufl.). Zürich: Verlag Neue Zürcher Zeitung.

Ungereimtheiten im Kasusgebrauch erkennen und verbessern

In den folgenden Sätzen hat es Ungereimtheiten bei der Verwendung des Kasus, die vor allem auf fehlende Kongruenz zurückzuführen sind.

Suche die Fehler und schreibe am Ende des (Teil-)Satzes die korrekte Form des falschen Wortes resp. der falschen Wortgruppe ins Kästchen. Erläuterungen zu den Lösungen findest du, wenn du den Knopf "Antwort abgeben" drückst.
Beachte bei der Eingabe: Es sind nur die falschen Wörter einzutragen. Befinden sich dazwischen korrekte Wörter, dann sind diese aber auch einzutragen, zum Beispiel: Ich erinnere mich ein guten Freund. → "ein" und "Freund sind falsch, "guten" korrekt; einzutragen sind : "eines guten Freundes".

1. Ich habe hier einen Brief für Herr Schmid.

2. Die Aussprache mit Konrad, des engsten Freundes meiner Schwester, hat viel gebracht.

3. Das Gespräch mit Jonas Hegel, Favoriten der kommenden Wahl, war nicht ergiebig.

4. Du hast am Dienstag, den 18. Mai, Geburtstag. JXUwMDNjJXUwMDAxJXUwMDA4

5. Mir armer Junge ist das Velo gestohlen worden.

6. Als guter Jogger fiel ihm nicht auf, dass er schon mehr als eine Stunde rannte.

7. Mit Unterstützung ihres Sohnes als ein geübter Schreiber gelang es der alten Frau, eine sinnvolle Eingabe zu verfassen.

8. Man legte ihm als langjährigem Praktikant nach seinem Missgeschick nahe, selber zu kündigen.

9. Völlig ohne Skrupeln geht er seinen Weg, ihm ist als Jurist kein Trick unbekannt, Leute aufs Glatteis zu führen.

10. Solche Tiefschläge tun einem weh, dann muten einem die Trostworte von anderen hohl an.

11. Karina geht mit Robert und dessen besten Kollegen in die Ferien.

12. Ein Fehler würde es bedeuten, wenn wir nicht auf die Vorkommnisse reagieren würden.

13. Wir stehen vor einer verschlossenen Tür. An dieser hängt ein Schild: "Freitag ganzer Tag geschlossen".

14. Ich habe dir diese Variante nicht gelehrt. JXUwMDNjJXUwMDBkJXUwMDBhJXUwMDBi

15. Sie stand mit einem Glas kühles Bier in der Tür.

16. Unter der Leitung von Benno Dürr, unseres erfolgreichen Trainers, gehen wir im Sommer in ein Trainingslager.

17. Als Nachfolger des verstorbenen Chefs, einem eindrücklichen und erfolgreichen Menschen, tritt sie ein schweres Erbe an.

1. Ich habe hier einen Brief für Herrn Schmid.
→ Anredewörter wie "Herr" oder "Frau" werden als Titel betrachtet, die dem Personennamen vorausgehen. Wenn einem solchen Wort kein Artikel oder sonst ein dekliniertes Wort vorausgeht, dann wird das Wort wie ein Namensteil behandelt und erhält keine Fallendung. Eine Ausnahme bildet aber die Anrede "Herr"; im Genitiv, Dativ und Akkusativ erhält "Herr" die Endung -n, auch wenn kein vorausgehendes fallanzeigendes Wort vorhanden ist. Deshalb muss es in Satz 1 "Herrn" heissen.

2. Die Aussprache mit Konrad, dem engsten Freund meiner Schwester, hat viel gebracht.
→ Verwandtschaftsbezeichnungen und Ähnliches werden zu den Titeln gezählt, die als lockere Apposition einem Personennamen folgen können. Diese Bezeichnungen werden dekliniert, wenn ein Artikel oder ein anderes Pronomen vorangeht, sonst bleiben sie undekliniert. Die Deklination muss sich an den Personennamen angleichen. "Konrad" steht im Dativ. Deshalb muss auch die lockere Apposition dem engsten Freund (meiner Schwester) im Dativ stehen und nicht im Genitiv.

3. Das Gespräch mit Jonas Hegel, Favorit der kommenden Wahl, war nicht ergiebig.
→ Bezeichnungen, die sich auf einen vorausgehenden Namen beziehen, werden zu den Titeln gezählt, die als lockere Apposition einem Personennamen folgen können. Diese Bezeichnungen werden dekliniert, wenn ein Artikel oder ein anderes Pronomen vorangeht, sonst bleiben sie undekliniert. Hier ist kein solches fallanzeigendes Wort verhanden, weshalb "Freund" nicht dekliniert wird.

4. Du hast am Dienstag, dem 18. Mai, Geburtstag.
→ Das Datum wird in Verbindung mit einem Wochentag als lockere Apposition betrachtet, die im gleichen Fall wie der Wochentag stehen muss. Der Wochentag steht (wie der mit der Präposition verschmolzene Artikel "an + dem" anzeigt) im Dativ.
Achtung: Es gibt auch Mischbildungen, die jedoch nicht zu empfehlen sind. So kann man schreiben: Du hast am Dienstag, den 18. Mai Geburtstag. Dann darf aber hinter dem Datum kein Komma stehen; so wird die Datumsangabe nicht als lockere Apposition, sondern als Reihung/Aufzählung verstanden. Steht aber ein Komma nach der Datumsangabe, muss diese den gleichen Fall wie der Wochentag haben (was in Beispiel 4 der Fall ist).

5. Mir armem Jungen ist das Velo gestohlen worden.
→ "armem Jungen" ist eine enge Apposition zum Personalpronomen "mir". Der Fall muss demzufolge angeglichen werden. "mir" steht im Dativ und deshalb muss auch die enge Apposition im Dativ stehen. Da dem Adjektiv kein Begleiter vorausgeht, muss es zudem stark (vgl. >>) dekliniert werden.

6. Als gutem Jogger fiel ihm nicht auf, dass er schon mehr als eine Stunde rannte.
→ "gutem Jogger" ist eine Nominalgruppe die der Konjunktion "als" folgt. Diese Nominalgruppe muss im Fall mit ihrem Bezugswort übereinstimmen, und das ist "ihm". Dieses Personalpronomen steht im Dativ. Beachte zudem das Adjektiv "gut": Da dem Adjektiv kein Begleiter vorausgeht, muss es stark (vgl. >>) dekliniert werden.

7. Mit Unterstützung ihres Sohnes als eines geübten Schreibers gelang es der alten Frau, eine sinnvolle Eingabe zu verfassen.
→ "eines guten Schreibers" ist eine Nominalgruppe die der Konjunktion "als" folgt. Diese Nominalgruppe muss im Fall mit ihrem Bezugswort übereinstimmen, und das ist "Sohnes". Hier ist die Konunktionalgruppe "als eines geübten Schreibers" ein Attribut zu "Sohnes". "Sohnes" steht im Genitiv, deshalb muss auch "Freundes" im Genitiv stehen. Beachte zudem das adjektivisch verwendete Partizip "geübt": Da dem Partizip ein Begleiter mit Endung vorausgeht, muss es schwach (vgl. >>) dekliniert werden.

8. Man legte ihm als langjährigem Praktikanten nach seinem Missgeschick nahe, selber zu kündigen.
→ "langjährigem Praktikanten" ist eine Nominalgruppe, die der Konjunktion "als" folgt. Diese Nominalgruppe muss im Fall mit ihrem Bezugswort übereinstimmen, und das ist "ihm". Dieses Personalpronomen steht im Dativ. Es ist zwar möglich, Nomen der sogenannten n-Deklination (diese bilden den Genitiv Singular mit der Endung -n) auch ohne Fallendung zu verwenden, jedoch nur, wenn ihnen kein fallanzeigendes Wort vorausgeht. Hier aber ist ein fallanzeigendes Wort vorhanden: das Adjektiv "langjährigem". Beachte zudem das Adjektiv "langjährig": Da dem Adjektiv kein Begleiter vorausgeht, muss es stark (vgl. >>) dekliniert werden.

9. Völlig ohne Skrupel geht er seinen Weg, ihm ist als Jurist kein Trick unbekannt, Leute aufs Glatteis zu führen.
→ Das Nomen "Skrupel" steht nach "ohne" im Akkusativ und Akkusativ Plural von Skrupel ist "Skrupel". Die Form "Skrupeln" wäre Dativ Plural. Korrekt ist dagegen die Verwendung von "Jurist", das der Konjunktion "als" folgt. Das Bezugswort "ihm" steht zwar im Dativ. "Jurist" ist jedoch ein Nomen der sogenannten n-Deklination (diese bilden den Genitiv Singular mit der Endung -n). Diese Nomen können auch ohne Fallendung verwendet werden, wenn ihnen kein fallanzeigendes Wort vorausgeht.

10. Solche Tiefschläge tun einem weh, dann muten einen die Trostworte von anderen hohl an.
→"einen" und "einem" sind Ersatzformen für das Indefinitpronomen "man" im Akkusativ und Dativ. Wird Akkusativ verlangt, muss man "einen" verwenden. Das ist im zweiten Teilsatz der Fall: Wen muten die Trostworte von anderen hohl an? → einen (falsch ist also einem). Im ersten Teilsatz ist die Ersatzform richtig verwendet, denn dort wird Dativ verlangt: Wem tun die Tiefschläge weh? → einem.

11. Karina geht mit Robert und dessen bestem Kollegen in die Ferien.
→ Für die Deklination der Adjektive gibt es die Regel: Geht einem Adjektiv ein Begleiter voraus, der neben seinem Stamm noch Fallendungen hat, dann muss das Adjektiv schwach dekliniert werden (vgl. >>). Diesen Fall vermutet man in Beispiel 11. Doch hier liegt eine Ausnahme vor: "dessen, deren, derer" sind Stellvertreter der Pronomen "der, die, das" für den Genitiv. Diese "Langformen" sind unveränderlich; "dessen, deren, derer" müssen als Stämme betrachtet werden, an die also keine zusätzlichen Fallendungen angefügt werden können. Deshalb wird das nachfolgende Adjektiv stark (= bestem) und nicht schwach (= besten) dekliniert.

12. Einen Fehler würde es bedeuten, wenn wir nicht auf die Vorkommnisse reagieren würden.
→ "bedeuten" ist ein Verb, das einen Akkusativ verlangt: Wen oder was würde es bedeuten? → einen Fehler.

13. Wir stehen vor einer verschlossenen Tür. An dieser hängt ein Schild: "Freitag ganzen Tag geschlossen".
→ Mit "Freitag ganzen Tag geschlossen" liegt ein verkürzter Satz vor. Ausformuliert hiesse er: "Am Freitag ist das Geschäft den ganzen Tag geschlossen." "den ganzen Tag" ist ein adverbialer Akkusativ (vgl. >>). Deshalb ist die Form "ganzer Tag" (= Nominativ) falsch.

14. Ich habe dich diese Variante nicht gelehrt.
→ Es gibt wenige Verben, die zwei Akkusativobjekte haben können: lehren, fragen und abfragen. Deshalb ist in Satz 14 das Dativobjekt "dir" falsch und muss durch ein Akkusativobjekt ("dich") ersetzt werden.

15. Sie stand mit einem Glas kühlen Biers / kühlem Bier in der Tür.
→ Die Nominalgruppe "einem Glas kühlen Biers" steht im Dativ, weil sie von der Präposition "mit" abhängt und diese Dativ verlangt. Der Artikel "einem" weist deutlich auf Dativ hin. Kern der Wortgruppe "einem Glas kühlen Biers" ist das Nomen "Glas". Dieses Nomen ist eine Massangabe. Nach einer Massangabe folgt ein Genitiv (sogenannter partitiver Genitiv). Es ist nun eine Auffälligkeit, dass im heutigen Deutsch Wortgruppen nach einem Nomen meist nur noch dann im Genitiv stehen (= Genitivattribut), wenn diesem Nomen ein fallanzeigendes Wort vorangeht. Das ist hier der Fall: Dem Nomen "Glas" geht der fallanzeigende Artikel "einem" voraus. Deshalb ist es die angemessene Lösung, ein Genitivattrribut nach "Glas" zu setzen, also: "mit einem Glas kühlen Biers". Möglich ist es aber auch, dieses Genitivattribut (= kühlen Biers) durch eine Apposition zu ersetzen. Die muss dann konsequenterweise im selben Fall stehen wie das Bezugsnomen. Korrekt wäre demzufolge auch: mit einem Glas kühlem Bier ("kühlem Bier" = enge Apposition zu "einem Glas").

16. Unter der Leitung von Benno Dürr, unserem erfolgreichen Trainer, gehen wir im Sommer in ein Trainingslager.
→ "unserem erfolgreichen Trainer" ist eine lockere Apposition, die das vorausgehende Element genauer umschreibt. Lockere Appositionen werden durch Doppelkomma abgetrennt und stehen im gleichen Fall wie das Bezugselement. Das Bezugselement ist der Name "Benno Dürr". Dieser Name steht im Dativ, denn die vorausgehende Präposition "von" verlangt einen Dativ. Da das Bezugselement im Dativ steht, muss dies auch für die lockere Apposition gelten. Deshalb ist hier nur "unserem erfolgreichen Trainer" korrekt.

17. Als Nachfolger des verstorbenen Chefs, eines eindrücklichen und erfolgreichen Menschen, tritt sie ein schweres Erbe an.
→ "eines eindrücklichen und erfolgreichen Menschen" ist eine lockere Apposition, die das vorausgehende Element genauer umschreibt. Lockere Appositionen werden durch Doppelkomma abgetrennt und stehen im gleichen Fall wie das Bezugselement. Das Bezugselement ist das Nomen "Chefs". Dieses Nomen steht im Genitiv. Da das Bezugselement im Genitiv steht, muss dies auch für die lockere Apposition gelten. Deshalb ist hier nur "eines eindrücklichen und erfolgreichen Menschen" korrekt.